Die Städtefreundschaft wird gleichzeitig in Ohasama und Berndorf in feierlicher Form beschlossen

12. Oktober 1965: Verschwisterungsfeier in der Stadt Ohasama

Grußbotschaft des Bürgermeisters der Stadt Ohasama, Saita Murata an die Bewohner von Berndorf:

Liebe Bürgerinnen und Bürger von Berndorf!

Ich bin sehr glücklich, dass durch die Unterstützung, die uns seitens des österreichischen und des japanischen Außenministeriums sowie der Botschafter der beiden Länder zuteil wurde, die Stadt Berndorf, inmitten der wunderschönen Alpen, wo das Edelweiß beheimatet ist, und der Stadt Ohasama, umgeben von blühenden Hayachine-Usujukiso, einen engen und immerwährenden Freundschaftsbund über große Entfernungen hinweg geschlossen haben. Hayachine Usujukiso Es ist für mich eine große Ehre, aus dem bedeutenden Anlass der Verschwisterung Ihnen diese Botschaft als Vertreter der 11.000 Bewohner von Ohasama und mit den besten Grüßen der hohen Gäste bei dem heutigen Fest hier in Ohasama, seiner Exzellenz des österreichischen Botschafters in Japan, Dr. Hartlmayer, sowie des Außenministers und des Unterrichtsministers von Japan und des Gouverneurs der Iwate-Präfektur, überbringen zu dürfen. Gestatten Sie mir, Sie ein wenig mit Ohasama und unserem Land vertraut zu machen. Japan, dass sich aus einer schmalen Inselkette zusammensetzt, liegt am östlichen Rande des asiatischen Festlandes und hat sich unter dem Einfluss der Kultur des asiatischen Festlandes entwickelt.

Auf dem Festplatz
Empfang des österr. Botschafters in Ohasama
Hunderte Leute standen auf den Straßen

Im Hinblick auf seine geographische Lage wird Japan seit alten Zeiten das Land der aufgehenden Sonne genannt. Der Name Nippon (Japan) wurde aus der Lautsprache dieser Wörter gebildet. Die Stadt Ohasama befindet sich in der Nähe des Zentrums der Iwate-Präfektur im nordöstlichen Teil von Japan. Sie wird vom Kitakami-Gebirge, dessen höchster Gipfel der Hayachine ist, umgeben. Die Stadt Ohasama liegt ca. 30 km südöstlich der Stadt Morioka, dem Regierungssitz der Präfektur. Der Berg Hayachine erlangte wegen seiner kleinen Blumen “Hayachine-Usujukiso“ Berühmtheit und ist gleichzeitig Gegenstand religiöser Verehrung. In dieser Gegend wurde Goldstaub hergestellt, der für die Ausstattung des Gebäudes Kojikido (Goldhalle) in Hiraizumi, wo die von Kyoto und Nara aus vor 1200 Jahren verbreitete alt-japanische Kultur blühte, verwendet wurde. In der Neuzeit entwickelte sich Ohasama zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt zwischen der Pazifischen Küste und der Hauptstadt der Präfektur Iwate, Morioka. Der Fluss der im Kitakami-Gebirge entspringt ist kristallklar und versorgt Wälder, Felder und anderes bebautes Land, wo Tabak und Wein gepflanzt wird und Kühe gezüchtet werden mit Wasser. Die Stadtbevölkerung liebt das friedvolle Leben in diesem alten und an Tradition reichen Kulturzentrum.

Schulkinder mit Tirolerhüten
Viele Hände musste der Botschafter schütteln
Auf dem Festplatz versammelte sich die Bevölkerung von Ohasama

Auch das alpendurchzogene Österreich ist als schönes und friedfertiges Land mit seiner traditionellen Liebe zur Musik berühmt. Ich weiß, dass Ihre Stadt, unweit von Wien liegend, als Industriestadt blühend gedeiht, die nicht zuletzt auch von Touristen gerne aufgesucht wird und Ihre Bürger die Kunst eifrig lieben und ein fleißiges und inhaltsreiches Leben führen. Meine besondere Hochachtung gilt Herrn Bürgermeister Steiner, der das ausgezeichnete Resultat der Vollendung des Aufbaues der Sportanlagen zuwege brachte und auch auf politischem Gebiet vieles zum Wohle der Bürger beigetragen hat. Wir, die Einwohner von Ohasama, fühlen unbändige Freude und Stolz über den friedlichen Kultur- und Kunstaustausch mit Berndorf und das tiefe gegenseitige Verständnis. Es sei mein aufrichtiger Wunsch, dass sich unsere Freundschaft nicht nur als ein Beitrag zur Förderung der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und Japan erweisen wird, sondern auch für den Weltfrieden beispielgebend ist.

  Bürgermeister Saita Murata (zu lesen im Gemeindekurier 9/1965)

 

 

Alle Schulklassen waren anwesend
In einem Brief beschrieb der österreichische Botschafter in Japan, Dr. Hartlmayer, die Feier in Ohasama:

Er hat an der Verschwisterungszeremonie in Ohasama teilgenommen. Er hat bereits an 3 solchen Festakten teilgenommen, doch die Feier in Ohasama hat alle anderen Feiern weit übertroffen. Es wurde der österreichischen Delegation der herzlichste Empfang bereitet. Außer dem Botschafter hat noch der Presseattache, H. Riendl, sowie der Generalsekretär der japanisch – österreichischen Gesellschaft, Prof. T. Murata teilgenommen. Dr. Hartlmayer schrieb, dass die Bahnfahrt von Tokio bis Hanamaki, der nächstgelegenen Bahnstation von Ohasama – etwa 550 km - 9 Stunden in Anspruch nahm. Er wurde dort im Kurhotel untergebracht. Am nächsten Tag, den 12. Oktober hielt er richtigen Einzug in die Stadt Ohasama. Am Stadtrand wurden der Botschafter und seine Begleitung von einer Musikkapelle begrüßt, welche österreichische Militärmärsche spielte. Den ganzen Weg durch die Stadt machten sie durch einen Spalier von Schulkindern, die mit österreichischen und japanischen Fahnen winkten. Für die Stadt war praktisch Feiertag und es nahm die ganze Bevölkerung an der Feier teil. Die eigentliche Zeremonie spielte sich auf dem Schulhof ab. Nach japanischer Art wurden sehr viele Reden gehalten und Geschenke ausgetauscht. Die Texte der Reden im japanischen Urtext, in deutscher und englischer Übersetzung, sowie Fotos werden mit Schiffspost nach Berndorf gesandt.

Andächtig lauschen die Zuhörer den Ansprachen

An die eigentliche Zeremonie schloss sich ein Mittagessen im Festsaal der Schule für die geladenen Gäste mit einer Vorführung japanischer Volkstänze und einem Konzert der Musikkapelle, die österreichische Volkslieder und Walzer spielte. Am Nachmittag wurden verschiedene Einrichtungen der Stadt Ohasama besichtigt und der Botschafter war anschließend Gast im Haus von Bürgermeister Saita Murata bei einer Teezeremonie und Koto-Musik. Gegen Abend fuhren die Gäste in die Präfekturhauptstadt Morioka, wo noch eine Pressekonferenz abgehalten wurde und wo viel von Berndorf erzählt wurde. Am Abend hatte der Gouverneur der Provinz zu einer Party eingeladen, wo Frau Shiina, die Frau des japanischen Außenministers, die im Juli d. J. in Berndorf zu Besuch war viel über ihren Besuch berichtete. Im Zuge der Feiern wurde Bürgermeister Steiner die Ehrenmitgliedschaft der Bergsteiger-Vereinigung der Iwate-Präfektur verliehen. Botschafter Dr. Hartlmayer beglückwünschte in seinem Schreiben die Stadt Berndorf zu dem Abschluss des Freundschaftsbundes, denn die beiden Städte Ohasama und Berndorf hätten sich nicht besser finden können. Sie haben soviel Gleiches und Gemeinsames wie selten Städte verschiedener Länder. (Bericht im Gemeindekurier 11/1965)

Eine Musikkapelle begleitet den österr. Botschafter
Ansprache des österr. Botschafters
Viele Reden werden gehalten
Auch traditionelle Musik wird gespielt
Leute, Leute.....

 

Die Feier in Berndorf:

Im Stadttheater wurde anlässlich des Abschlusses des Freundschaftsbundes zwischen den beiden Städten ein Festkonzert, veranstaltet von der Stadtgemeinde im Zusammenwirken mit der Volkshochschule Berndorf durchgeführt. Nach der Begrüßung durch Bgm. Steiner erfolgte die Festansprache und Übergabe eines Ehrengeschenkes der Stadtgemeinde Berndorf für die Schwesterstadt Ohasama an den japanischen Botschafter in Österreich, seine Exzellenz Shinsaku Hogen. Es folgte die Ansprache des Botschafters. Das Festkonzert wurde von den N.Ö. Tonkünstlerorchester unter der Leitung von Prof. Dr. Gustav Koslik aufgeführt. Solistin: Frl. Ryoko Ohno am Klavier. Es wurden Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven aufgeführt.

 

 

Brief vom Bürgermeister Leopold Steiner an seinen Amtskollegen Saita Murata:

Berndorf, 12. Oktober 1965

"Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Berndorf beschließt in seiner heutigen Sitzung mit der japanischen Stadt Ohasama in freundschaftliche und kulturelle Partnerschaft zu treten. Der Bürgermeister wird beauftragt, beim österreichischen Städtebund die notwendigen Schritte für den Abschluss dieser Partnerschaft einzuleiten."
Als dieser Beschluss gefasst wurde, hat wohl kein Bewohner unserer Stadt gedacht, dass sich in kurzer Zeit zwischen den beiden Städten ein solch reger Briefwechsel entwickeln wird, wie dies heute schon mit Genugtuung festgestellt werden kann. Am heutigen Tag, den 12. Oktober 1965, werden in beiden Städten, tausende Kilometer voneinander entfernt doch im Geiste vereint, Feiern zur Verschwisterung abgehalten. Viel Zeit musste nach dem unglücklichen 2. Weltkrieg verstreichen um die Menschen unseres Erdballes einander wieder näher zu bringen. Die Menschheit ist noch immer nicht von Hass und Rassenwahn befreit und nur Wenige haben eingesehen, dass es heutzutage im Zeitalter der Raketentechnik und der Atombomben nur ein Miteinander und nie mehr ein Gegeneinander geben darf. Ein nachahmenswertes Vorbild für eine Völkerverständigung sind wohl auch die immer mehr zunehmenden Freundschaftspakte zwischen Städten verschiedener Länder. Dadurch lernen sich die Menschen dieser Städte näher kennen und gegenseitig achten, trotz der Sprachschwierigkeiten, die es noch gibt. Es gibt aber doch eine besonders wirkungsvolle Verständigungsmöglichkeit die allen Menschen geläufig ist, die Musik! Wenn Sie heute bei Ihrer Feierlichkeit die japanische und die österreichische Bundeshymne hören so möge die Musik ein Band der Einheit bilden, das jede Sprachschwierigkeit überwindet. Der heutige Festtag soll Ihnen, genauso wie uns in steter Erinnerung bleiben und der Anfang für eine noch engere Bindung zwischen unseren Städten sein. Das wünscht und hofft mit allen Einwohnern von Berndorf


Bürgermeister Leopold Steiner (Gemeindekurier 9/1965)
Verschwisterungsfeier in Berndorf

Die Feier in Berndorf fand im Stadttheater statt. Der japanische Botschafter, s.E. Hogen mit Gattin und LH Stv. Zettel waren unter den Gästen.

 

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