25. April
bis 4. Juni 1970: Berndorfer Bergsteiger auf Gegenbesuch
in Japan - 1 |
Bereits im Spätherbst des Jahres 1969
begannen die Vorbereitungen der Japanreise der 4 Berndorfer,
welche im Jahr 1966 die Bergsteiger aus Japan durch Österreichs
Bergwelt geführt haben. Als Reiseroute wurde auch
die Strecke über Moskau und Sibirien gewählt,
der Flug wäre viel zu teuer geworden (mehr als 50.000
Schilling). So kostete die Fahrt über Russland "nur"
12.000 Schilling, die zum größten Teil von den
4 Bergsteigern aufgebracht wurden. Auch das war noch viel
Geld, und so wurde von den alpinen Vereinen eine Grußkarten-Aktion
gestartet, um zumindest die Kosten für die Geschenke
herein zu bekommen. Die Geschenke wurden vorab auf den
Weg, ebenfalls über die UdSSR, gebracht. Leider haben
nicht alle Geschenke den weiten Weg geschafft. |
4 Berndorfer Bergsteiger fahren zum Gegenbesuch nach Japan.
Bericht von Günter Elmer (Gemeindekurier
Sondernummer Oktober 1970)
Fünf Tage sind wir bereits
unterwegs. Wir stehen an Bord unseres Schiffes, des MS
Chabarowsk. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass wir
schon fast 10.000 km von unserer Heimat entfernt sind.
Wie klein ist doch die Welt! Aber sie muss es ja auch sein,
wie käme sonst unsere Gemeinde zu einer Schwesterstadt
auf der gegenüberliegenden Seite der Erde! Ja, wir
sind unterwegs zu unseren Freunden in Ohasama und Morioka.
Am Abend des 25. April 1970 fuhren wir vom Wiener Ostbahnhof
mit dem Chopin-Express und Ziel Moskau ab. 36 Stunden sollte
das kleine Abteil unser Zuhause sein. Einen Tag Aufenthalt
hatten wir in Moskau einkalkuliert. Wir benutzten ihn um
Verschiedenes zu besichtigen. Mitten unter den Vorbereitungen
zu den Feiern am 1. Mai marschierten wir über den
Roten Platz zur Basillius-Kathedrale. Weiter entlang der
Kremlmauer und hinein in den Kreml, dem Sitz der Sowjetregierung. |
Unsere Gruppe auf der "MS Khabarowsk" |
Moskau: Übung für den Aufmarsch am 1. Mai |
Kreml |
Wir mussten weiter nach Nachodka,
dem Handelshafen in der Nähe Wladiwostoks. Dort gibt
es keinen Flughafen den Zivilisten benutzen dürfen,
und so legen wir die letzten Kilometer mit der Transsibirischen
Eisenbahn zurück. 162 Stunden würde die Reise
mit der Bahn von Moskau bis hierher dauern. Obwohl die
zum größten Teil mit modernen Wagen ausgestatteten
Züge recht bequem sind, waren wir doch froh, die Strecke
mit dem Flugzeug hinter uns gebracht zu haben. 15 Stunden
dauerte die Bahnfahrt. Am nächsten Morgen erreichten
wir Nachodka. Schon vom Zug aus sahen wir das japanische
Meer, die Hafenanlagen, die etwas trostlose Landschaft
und dürfen sogar fotografieren. Mit einem klapprigen
Bus werden wir über eine noch schlechtere Strasse
zum Hafen gebracht.
Und jetzt sind wir auf dem Schiff. 5600 BRT, 122 m lang,
16 m breit und Platz für 260 Fahrgäste – so steht
es im Prospekt. Ungefähr 50 Passagiere sind mit uns
an Bord und so können wir sämtliche Vergnügungseinrichtungen
des Schiffes, wie Kino, Leseraum und Bar jederzeit besuchen. |
Nachodka |
Hafen von Nachodka |
Unser Schiff, die MS Chabarowsk |
Abendstimmung an Bord |
Am Abend auf Deck |
In aller Stille verlässt
das Schiff den Hafen um 12 Uhr mittags. Erst wenn man die
Abfahrt eines Schiffes in Yokohama miterlebt hat wird einem
klar, wie nüchtern und farblos hier vieles vor sich
geht. Am nächsten Morgen sieht man die ersten japanischen
Inseln, fährt noch immer ostwärts, passiert die
Meerenge zwischen den beiden Hauptinsel Hokkaido und Honshu,
biegt dann nach Süden ab um der Küste bis Yokohama
zu folgen. Die Insel zur Rechten begleitet nun das Schiff
den ganzen Tag, die Nacht und noch einen halben Tag, während
sich zur Linken der Pazifische Ozean in seiner ganzen Pracht
und Weite erstreckt.
Man braucht als Österreicher beim Betreten Japans
kein Visum, man erhält bei der Einreise einen Sichtvermerk
für 60 Tage. Und doch ist die Einreise nicht ganz
einfach. Wir müssen eine Unmenge Formulare ausfüllen,
darunter auch die sehr umfangreiche „Deklaration der persönlichen
Gegenstände“. Hier muss man alles was man nur mithaben
kann, mengen- und wertmäßig anführen. Schuhe,
Zucker, Golf-, Fußbälle und Ähnliches.
Das Formular brachte mich in arge Verlegenheit, wie soll
ich noch wissen, wie viel meine Zahnbürste gekostet
hat? Doch die Zöllner sind freundlich und so fällt
der erste Eindruck gut aus. |
Im Hafen von Yokohama - Warten auf Zoll und Gesundheitspolizei
|
Wir können anlegen |
Wir sehen die ersten Freunde |
Das Begrüßungskomitee |
Tokio |
Tokio - Kaiserpalast |
Nach der herzlichen Begrüßung
fahren wir in die etwa 30 km entfernte Hauptstadt des Landes,
nach Tokio, wo es dann langsam dunkel wird. Die größte
Stadt der Welt – ungefähr 16 Mill. Menschen wohnen
in ihren Umkreis. Verwirrend ist das Antlitz der Stadt,
neben einem Hochhaus mit 40 Stockwerken steht ein typisch
japanisches Haus, wunderschön aus Holz und Papier
erbaut.
Man sieht noch überall Frauen, welche ihre Kinder
auf dem Rücken tragen, daneben Frauen in modernster
Kleidung. Manche Statistik über Tokio klingt schier
unglaubwürdig. 32.000 Polizisten, 29.000 Taxis, 102
Hochschulen und 9 Fernsehprogramme. 14 verschiedene Bahnlinien
bringen die Reisenden in kurzer Zeit von einem Punkt zum
anderen, wem das noch nicht genügt, der kann entweder
mit der U-Bahn, mit der Straßenbahn oder mit einer
der vielen Autobuslinien sein Ziel erreichen. Die Strassen
tragen keine Namen, die Häuser sind wohl nummeriert,
aber nicht fortlaufend. Eine Taxifahrt kann zur Irrfahrt
werden. Im Yayoi-Kaikan, einem Hotel westlichen Stils nehmen
wir Quartier. Nach einem gemütlichen Beisammensein
gehen wir müde zu Bett. |
Tokio - Ginza |
v.l.n.r.: Günter Elmer, Karl Wöhrer, Dr. Walter
Rieck, Peter Brenner |
Jetzt ist es an der Zeit, dass
ich die Teilnehmer der Fahrt einmal vorstelle: Da ist einmal
Peter Brenner, der Kleinste und zugleich Lustigste unserer
Gruppe, dann Dr. Walter Rieck, Karl Wöhrer, der von
den Japanern als der Trinkfeste bezeichnet wurde, und ich,
Günter Elmer, den man als den Längsten bezeichnete.
(Diese kurze Schilderung stammt nicht von mir, sondern
stand in einer japanischen Zeitung).
Am Bahnhof von Morioka werden wir wie ein Staatsbesuch
empfangen. Eine Musikkapelle wurde aufgeboten und unzählige
Menschen stehen am Bahnsteig mit Transparenten und Blumen.
Presse und Fernsehen bestürmen uns mit Fragen. Und
nun beginnt die anstrengendste Zeit für uns. Ein Empfang
und Essen nach dem anderen. Bei der Bergsteigervereinigung,
beim Rundfunk, beim Gouverneur der Provinz, (5 Gänge!)
bei der Unesco usw. Aber trotzdem war es herrlich, zeigte
es uns doch, dass wir nicht nur als Gäste, sondern
auch als Freunde empfangen wurden. Nach einer entspannten
Nacht im Morioka-Grand-Hotel und einem reichlichen Frühstück
fahren wir am nächsten Tag in die Schwesterstadt von
Berndorf, nach Ohasama. |
Morioka Grand Hotel |
Morioka Grand Hotel |
Empfang bei der Bergsteigervereinigung der Iwate-Präfektur |
Empfang beim Gouverneur der Iwate-Präfektur |
Empfang bei der Zeitung Iwate-Nippo |
Wanko-Soba-Essen mit den Mitgliedern der UNESCO |
Einfahrt in Ohasama |
Empfang in Ohasama, Begrüßung durch den Bürgermeister |
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Auch in Ohasama ist der Empfang
wieder großartig. Viele Menschen stehen am Straßenrand
und winken uns zu, als wir mit den fahnengeschmückten
Autos in die Stadt einfahren. Und wieder schütteln
wir unzählige Hände, bekommen Blumen und geben
Autogramme. Die Leute versuchen mit uns zu plaudern, wir
fühlen uns gleich wie zu Hause.
Noch im Anzug und mit Krawatte und mit ganzem Gepäck
fahren wir am späten Nachmittag weiter zu Ausgangspunkt
unserer ersten Bergfahrt, zur Honanso-Hütte. Auf dem
Weg dorthin machen wir Halt bei einem Shinto-Schrein, wo
wir einem Gottesdienst beiwohnten. Wir sehen viele religiöse
Gebräuche, gegen wie viele haben wir wohl aus Unwissenheit
verstoßen? Hier im Norden kann man noch das ursprüngliche
Japan kennenlernen! |
Ansprache des Vorsitzenden des Gemeinderates |
Gemeinderat von Ohasama und der Shinto-Priester |
Hayachine-Kagura-Tanz |
Honanso-Hütte |
In der Hütte, die allerdings
mehr einem Hotel gleicht wurde in der Zwischenzeit alles
für unseren Empfang vorbereitet. Von vielen Bergsteigern
aus ganz Iwate werden wir herzlichst begrüßt.
Und wieder Essen, und wieder Trinken. Unzählige Male
sagen wir Kampai und Prost, entweder mit Bier oder mit
Sake, dem Reiswein. So wie wir in Österreich eine
ziemlich falsche Vorstellung von Japan haben, so glauben
die Japaner, jeder Österreicher müsse Singen
und Jodeln können. Gottlob war Peter mit uns, der
doch etwas jodeln kann. Unsere Ehre war gerettet! Wir bekommen
Geschenke und Andenken während wir mit leeren Händen
dastehen. Eine Kiste, vollgepackt mit Geschenken liegt
nach einer Irrfahrt noch in Yokohama. Nur einen Wimpel
mit dem Zeichen des Alpenvereins, dem Edelweiß, den
meine Frau gestickt hat, haben wir mit. |
Feier in der Honanaso-Hütte |
Mieko-san hat viel Arbeit |
Übergabe des Wimpels an die Bergsteiger aus Ohasama |
Blick vom Gipfel |
Beim Aufstieg konnten wir steile
Firnfelder beobachten, welche vom Gipfel gegen das Tal
ziehen. Diese wählen wir für unseren Abstieg
und unter lautem Hallo fahren wir auf unseren Schuhen ins
Tal. Nur der Kameramann des Fernsehens hatte keine Freude
damit. Bald erreichen wir wieder die Hütte, wo noch
unsere Koffer sind.
Nach einer kurzen Rast fahren wir zurück nach Ohasama,
wo uns Bürgermeister Murata in seinem Apfelgarten
bei einer Dschingiskahn-Party erwartet. Hier steht ein
uraltes Haus, noch mit Stroh gedeckt. Im Garten wird ein
Holzfeuer entzündet, auf dem kleine Hammelfleischstücke
gebraten werden. Hier wartet das nächste Problem auf
uns. Das Fleisch wird mit den Hashi, den Stäbchen
von der heißen Platte genommen, in Sojasauce getaucht
und dann gegessen. Lautes Lachen zeigt uns immer an, wann
wir einen Fehler machen.
Und dann entlocken wir unseren Freunden das erste Mal Staunen,
als wir ein japanisches Lied anstimmen. Das Lied erzählt
von einem Mädchen, das am Fluss sitzt und wartet....
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Abstieg |
Bürgermeister Murata's Apfelgarten |
Der nächste Tag, es war
der 7. Mai, bringt uns nach verschiedenen Besuchen in einen
Saal im Lagerhaus, wo mit der Bevölkerung von Ohasama
eine Art Fragestunde abgehalten wird. Als lustigen Abschluss
müssen wir Papier falten. Mit fremder Hilfe gelingt
es dann auch, dass das Ding einem Vogel ähnlich sieht.
Vom anschließenden Volkstanz, bei dem wir auch mitmachen
müssen, will ich lieber nicht erzählen... |
In der Festhalle des Lagerhauses |
Volkstanz |
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Im Haus von Bürgermeister |
Teezeremonie |
Samurai-Schwert |
Treffen mit der Jugend Ohasamas |
In der Bar |